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Writer's pictureSvenja

Über den Tellerrand hinaus

Seit vielen Monaten beobachte ich immer wieder Probleme mit Daryans rechtem Knie. Zuerst dachte ich es wäre etwas akutes, habe auch Videos an unsere benachbarte Tierklinik geschickt. Er ist nicht akut lahm, vor allem schleift er die Zehen der Hinterbeine über den Boden. Und ab und zu "springt" seine Kniescheibe in bestimmten Bewegungen. Dies ist ihm sehr unangenehm und macht sein Knie instabil.

In der Zwischenzeit, nachdem ich Tierarzt und Physiotherapeut da hatte und mich am Ende alle etwas ratlos ansahen entschloss ich, mich selber ein wenig umsehen und zu lernen was Ursachen für seine Probleme sein könnten. Und natürlich wie ich ihn unterstützen kann.

Zuerst hatte ich den Eindruck "richtig gymnastizieren reicht" und wenn ich nur so kleinschrittig wie möglich vorgehe wird das Knie im Laufe der Zeit besser werden. Doch während unsere Kommunikation immer feiner und besser wurde und auch die ausgeführten Bewegungen eigentlich immer gut aussahen, er im Training selbst keine Probleme mit dem Knie zeigte wurde sein Bein irgendwie in diversen Bewegungen instabiler. Zu vielen vermeintlich hilfreichen Übung (z.B. auf der Kreislinie) sagte er vehement "nein" und brach ab, in schnelleren Gangarten explodierte er.


Fotoshooting Juni 2022

Die Physiologie des Pferdes hat am Ende viele Parallelen zu menschlichem Training. Und ich habe gelernt, dass nicht immer langsame versammelnde Arbeit von Beginn an auch gut tut - sogar dann, wenn sie korrekt ausgeführt wird. Das war für mich eine interessante neue Erkenntnis und kommt natürlich ganz auf das individuelle Pferd an. Hat beispielsweise schon irgendwo eine ungesunde Verkürzung der Muskeln stattgefunden sollten diese nicht noch "stärker" trainiert und dadurch weiter verkürzt werden. Die richtige Mischung machts. Am klügsten ist eine Kombination aus Beweglichkeits- und Stabilitätstraining. Und dabei muss man beachten, wann man welche Trainingsreize setzt und welche Regenerationszeiten der Pferdekörper braucht, um sich umzubauen.

Diese Erkenntnisse führten mich zu einer Fortbildung im Bereich der negativen Verstärkung. Weil ich im Bereich positiver Verstärkung keine passenden Fortbildungen fand beschloss ich, dass ein Blick über den Tellerrand nicht schaden kann. Daher begann ich Anfang 2022 meine Ausbildung zur "Longieren als Dialog" (LAD) Trainerin. An dieser Stelle möchte ich anmerken: Das bisher pferdefreundlichste, ganzheitliche Konzept das ich kenne, wenn man nicht mit positiver Verstärkung arbeiten möchte.

Rubin im April 2013 - noch nicht nach dem LAD Konzept longiert, aber nah dran (Foto: J. Büttner)

Während der Ausbildung durfte ich einige Pferde meiner Stallkolleginnen longieren. Schon während der ersten Schritte lernte ich viel darüber, welche Grundprinzipien am Werk sind und begann zu überlegen was das für das Training mit meinen beiden Pferden bedeuten kann. Kein Trainingskonzept mit einer vollständig anderen Belohnungsstrategie kann 1:1 übertragen werden. Aber wenn man verstehen kann was man warum tun muss kann man selbst überlegen wie der Weg dorthin aussehen kann.

Solange wir im Bereich der positiven Verstärkung noch Wissenslücken haben steht es für mich an erster Stelle, gutes Training zu erlernen. Und doch sollen meine eigenen Pferde hier keine Kompromisse machen müssen.

Wir können viel von anderen lernen wenn wir bereit sind zuzuhören. Und vielleicht können wir so auch den Weg der positiven Verstärkung weiter in die Welt tragen , anstatt Mauern zwischen guten Trainern zu errichten.

Im folgenden seht ihr einen Bildervergleich von M. und Daryan. Beide Pferde können von den gleichen Linien körperlich profitieren auch wenn diese vollkommen unterschiedlich gelehrt wurden.



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